Quote (Black XistenZ @ 30 Sep 2022 16:03)
Doch, in Berlin schon!
Gerade die grünen fühlen sich durch die aktuelle krise bestätigt, so nach dem motto "jetzt zahlen wir den preis für die verschlafene energiewende, mit mehr solar und windkraft hätten wir diese probleme nicht". Ist natürlich blödsinn, weil wir gerade erdgas vor allem für die industrie und für wärme brauchen, nicht für die stromerzeugung; ausserdem wäre dann immer noch nicht das speicherproblem der erneuerbaren gelöst, aber soweit denken viele menschen nicht.
Ausserdem ist die kernwählerschaft der grünen das urbane bildungsbürgertum, gutsituierte menschen mit überdurchschnittlichen einkommen, sehr häufig beim staat beschäftigt, sehr selten in der industrie. Gerade dieses milieu kann sich die aktuellen preissteigerungen ohne große abstriche beim lebensstandard leisten UND muss sich die geringsten sorgen darum machen, dass die rezession und die abwanderung energieintensiver industrien sie ihren job kostet. Soziodemographisch ist es genau die wählerschaft der grünen, die am unbeschadetsten durch die krise kommen wird. Ausserdem ist es keiner anderen wählerschaft derart wichtig, sich selbst moralisch zu überhöhen. Keine andere klientel wird derart bereit sein verzicht zu üben, um es dem bösen kriegstreiber aber mal so richtig zu zeigen, frieren für den frieden und so.
Die SPD wird's komplett zerficken, die FDP wird in Berlin nach dem winter ziemlich sicher an der 5% hürde scheitern. Die AfD wird zulegen, aber nicht so sehr dass sie stärkste kraft wird, vor allem weil sie in Berlin mit der linkspartei starke konkurrenz hat im kampf um diejenigen, die auf der "wir sollten uns mit russland auf einen kompromiss verständigen"-linie unterwegs sind. Wie sich die krise auf die CDU auswirkt ist imho am schwersten zu sagen - in einem für sie schwierigem pflaster wie Berlin bezweifle ich allerdings, dass die übermäßig vom wählerfrust profitieren können. Alles in allem sehe ich nicht, wie jemand anderes als die grünen in berlin stärkste kraft werden sollte, und eine mehrheit rechts der mitte ebenfalls nicht. Die einzige frage wird sein, ob es für GRR reicht oder ob doch eine Kenia-koalition (schwarz-rot-grün) hermuss.
Ja, da steckt sicher viel Wahres drin, aber ein Wohlstandsverlust tut immer weh, auch wenn es für die grüne Besserverdienerklientel "nur" heißt, den zweiten SUV sonntags stehen zu lassen oder zum Wandern nicht mehr nach Asien, sondern in die Eifel zu fahren.
Für den erheblichen Anteil an Jungwählern - gerade in einem Stadtstaat - wird es doch aber schon existenziell. Viele von denen mühen sich, nach 14 Semestern vielleicht doch noch den Bachelor zu bekommen und sind von einer Absicherung im öffentlichen Dienst noch recht weit weg.
Aber du hast auch recht, wer wochenlang in Baumkronen leben kann, hält vielleicht auch 15 Grad Raumtemperatur einfach aus.
Vielleicht ist es ein Wunschtraum von mir, aber ich hätte gehofft, dass einige der Grünenwähler in einer wirklich ernsten Situation ihre ideologische Blase verlassen und zumindest den Versuch unternehmen, die Realität mit Fakten zu erschließen.
Im Bundestrend gings jedenfalls zumindest um 4 Punkte runter, auch wenn das vielleicht nur die temporäre Habeck-Delle ist.